Lanjus C., u. Wetzlar D., Leitfaden für den Unterricht über Schiffsmanöver an der k. und k. Marine-Akademie; p 58...
4. Stagen über den Anker.
Über den Anker stagt man dann, wenn man in der Nähe der in Lee befindlichen Küste unbedingt wenden muss, zum Halsen zu wenig Raum hat und des Stagens, entweder der schlechten Manövrier-Eigenschaften des Schiffes oder der herrschenden ungünstigen Umstände wegen, nicht sicher ist.
Vor Ausführung des Manövers bereitet man den Lee-Buganker oder einen Stromanker an einer Trosse derart, dass er klar zum Fallenlassen ist. Das Stagen beginnt man unter Anwendung aller Hilfen und lässt im Augenblick, in dem das Schiff die Fahrt verloren hat und nicht mehr anluven will, den bereiteten Anker fallen, auf welchen sich das Schiff aufschwaien wird. Hierauf brasst man achter um und setzt mit Beachtung der gehörigen Vorsicht, den Anker im richtigen Momente loszureißen, vom Anker aus auf die neuen Halsen unter Segel. Man bereitet vor dem Manöver immer einen Anker in Lee, weil sich das Schiff auf diesen für das Untersegelsetzen günstiger aufschwait als auf den Luvanker.
5. Stagen mit Hilfe eines Treibankers.
In der Nähe einer Leeküste kann man bei flauer Brise statt eines Ankers auch einen Treibanker anwenden, um sicherer über Stag zu wenden, doch muss für den Fall des Misslingens dieses Manövers immer auch ein Anker bereit gehalten werden. Man verfertigt aus Bootssegeln, leichten Spieren und dergleichen einen provisorischen Treibanker und befestigt denselben an einer Trosse, welche über einen entsprechenden Leitblock an der Nock des Bugspriets geführt wird. ....
Lanjus C., u. Wetzlar D., Leitfaden für den Unterricht über Schiffsmanöver an der k. und k. Marine-Akademie p70
VI. Manöver beim Fangen einer Eule.
Bekommt ein am Winde segelndes Schiff durch plötzliches Schrallen des Windes oder infolge Unachtsamkeit des Steuermannes die Segel kill oder back, so nennt man dies "eine Eule fangen". In beiden Fällen versucht man entweder das Schiff möglichst rasch auf die alten Halsen zu bringen oder man vollendet das unfreiwillig begonnene Stagen und wendet, wenn nothwendig, nach einiger Zeit neuerdings.
Wenn die Brise nicht bedeutend geschrallt hat, so genügt es gewöhnlich, das Steuer rasch in Lee zu legen, um das Abfallen zu erzielen. Hat das Schiff wenig Fahrt, so holt man sogleich die Klüverschoten nach Luv und fiert die Baumschote ab. Genügt dies nicht, so geit man Großsegel und Besahn auf und brasst das Vorquartier um. Nachdem das Schiff genügend abgefallen ist, brasst man vorne wieder voll und setzt das Großsegel und die Besahn bei. Sollte das Schiff bereits zu deinsen begonnen haben, so muss das Steuer im richtigen Zeitpunkt umgelegt, beziehungsweise mittschiff gegeben werden. Hat die Brise so bedeutend geschrallt, dass es nicht mehr möglich ist, das Schiff durch die eben angegebenen Mittel zum Abfallen zu bringen, so kann man, wenn es gleichgiltig ist, mit welchen Halsen man weitersegelt, das unfreiwillig begonnene Stagen zu Ende führen....
Lanjus C, u. Wetzlar D., Leitfaden für den Unterricht über Schiffsmanöver an der k. und k. Marine-Akademie; p 97
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XII. Jagen.
1. Jagd auf ein Schiff, welches in Lee in Sicht kommt.Kriegsschiffe dürften heutzutage schwerlich in die Lage kommen, mit ausschließlicher Benützung der Segel zu jagen; wohl aber kann es vorkommen, dass ein Jagdmanöver unter Segel eingeleitet und bis zum Klarwerden der Maschine fortgesetzt werden muss.
Kommt das Schiff, auf welches Jagd gemacht werden soll, gerade vorne in Sicht, und steuern die beiden Schiffe denselben oder nahezu denselben Curs, so werden beide so viele Segel als möglich beisetzen; der Jäger, um sich zu nähern, der Verfolgte, um zu entrinnen. Der Verfolgte wird denjenigen Curs einschlagen, der ihm mit Bezug auf die Windrichtung die beste Ausnützung seiner Segel ermöglicht, um die Fahrgeschwindigkeit auf ein Maximum zu erhöhen. Auch wird er bei der Wahl des Curses auf die örtlichen Verhältnisse Rücksicht nehmen müssen, damit nicht durch Hindernisse Ausweich-Manöver nothwendig werden. Ist der Tiefgang des verfolgten Schiffes ein geringerer als jener des Jagenden, so wird der Gejagte unter Umständen den Curs absichtlich über solche Untiefen wählen, welche ihm wohl ein freies Passieren über dieselben gestatten, den Jäger aber zwingen, dieselben zu umsegeln. In der Nähe der Küste wird er sich etwaige Ortskenntnis der Durchfahrten und Canäle zwischen Inseln zu Nutze machen. Der Jäger muss die schärfste Aufmerksamkeit auf die Bewegungen des Verfolgten richten und gegebenenfalls dessen Curs zu kreuzen trachten. Besonders guten Auslug muss er bei Einbruch der Dunkelheit und bei etwaigem Einsetzen von Nebel, Regen u. d. gl. halten lassen, da es in diesen Fällen dem Verfolgten am leichtesten sein wird, zu entrinnen.Kommt das zu verfolgende Schiff nicht in Kielrichtung vorne, sondern in Lee in Sicht, so wählt der Jäger den Curs so, dass seine Curslinie jene des Verfolgten in entsprechender Verlängerung vorne schneidet. Der Jäger A muss gleichzeitig mit dem Verfolgten B an einem bestimmten Punkte C eintreffen können, das heisst schneller laufen als jener, wenn die Jagd von Erfolg begleitet werden soll. Die Möglichkeit, bei dem gewählten Curse den Gegner erreichen zu können, ersieht man aus den von Zeit zu Zeit genommenen Peilungen, die in diesem Falle gleich bleiben müssen. Wird das verfolgte Schiff immer mehr gegen vorne gepeilt, so muss der Jäger einen weniger divergierenden Curs zu jenem des Verfolgten einschlagen, und wird mit dem anderen Schiffe später zusammentreffen. Peilt er den Verfolgten in der Folge weiter gegen achter als beim Einschlagen des gewählten Curses, so muss er, um seinen Zweck zu erreichen, wieder abfallen.
Lanjus C., u. Wetzlar D., Leitfaden für den Unterricht über Schiffsmanöver an der k. und k. Marine-Akademie; p 109
XV Schweres Wetter.
1. Vorbereitungen.
Sind untrügliche Anzeichen eines herannahenden schweren Wetters vorhanden, so müssen am Schiffe rechtzeitig die nothwendigen Vorbereitungen getroffen werden. Die Bram- und Oberbramraaen werden gestrichen, auf Deck gelegt und angesorrt; die Leesegel werden von den Wanten herabgenommen, die Flieger abgeschlagen und unter Deck gebracht. Die Marssegel werden gereeft, eventuell das Kreuzmarssegel, das Focksegel und das Großsegel gleich festgemacht. Borgtoppenanten, Rolltaljen und Borgbrassen werden gesetzt; das Fockstagsegel, wird angeschlagen, unter Umständen auch gleich statt des Sturmklüvers beigesetzt. Auf denjenigen Schiffen, welche noch andere Sturmsegel an Bord haben, werden auch diese klar gemacht. Erwartet man sehr schweres Wetter, so streicht man auch die Bramstengen, holt den Klüverbaum ein und versichert die festgemachten Segel mit um die ganze Raa herumgenommene Beschlagleinen. Die Geländer der Brücke, der Vorderschanze und des Hüttendecks werden durch Taue verstärkt; auf Deck und in den unteren Schiffsräumen werden Laufstage gesetzt, ersteres auch mit Sand bestreut, um das Gehen auf demselben zu erleichtern. Sämmtliche Seevertäuungen werden untersucht und durch Taljen und Sorrungen verstärkt. Die Seitenlichter, Pforten, Lucken und Klüsen werden gut geschlossen, die Pumpen auf Sod gestellt. Auf Deck werden Äxte, in den betreffenden Schiffsräumen die Reservesteuerpinne und die Reservesteuerreeps bereitet; die Nothreepshanger werden in den Rüsten losgemacht und an deren Kauschen Taue von Deck aus angebracht, um sie im Falle einer Havarie an der Ruderpinne oder am Ruderkopfe zur Bedienung des Steuers verwenden zu können. Sind Anzeichen für einen Orkan vorhanden, so nimmt man Trossen um sämtliche Taljenreeps je einer Seite der Unterwanten jedes Mastes und holt die Enden der Trossen auf Deck, um das etwa nothwendige Kappen des Leegutes der Masten innenbords vornehmen zu können.
2. Beiliegen
Nimmt die Heftigkeit des Windes so zu, dass man am Winde liegend nur mehr sehr wenige Segel führen kann, oder lässt die Gewalt des Sturmes und namentlich der damit verbundene hohe Seegang es als gefährlich erscheinen, im Curse vor dem Sturme laufend weiter zu steuern, so wird man beiliegen. Unter Umständen liegt man mit einem Schiff auch bei gutem Wetter bei, wie z. B. wenn man nachts vor einem Hafen angelangt, den Anbruch des Tages für das Einlaufen abwarten will. Da in allen Fällen während des Beiliegens die Fahrt nur eine geringe, die Abtrift aber eine sehr große ist, so muss man stets freien Treibraum haben.Die beim Beiliegen anzuwendende Segelführung richtet sich sowohl nach der Stärke des Windes, als auch nach der Gattung und den Eigenschaften des Schiffes, unter allen Umständen müssen aber so viele Segel geführt werden, dass dass Schiff durch dieselben gestützt und steuerfähig erhalten werden kann.
Um allzugroße Gierschläge, (im Sturme bei schwerer See oft bis zu 4 und 5 Strichen nach jeder Seite) zu vermeiden, müssen die beigesetzten Segel auch vorne und achter richtig vertheilt sein. Zu viele Segel dürfen nicht geführt werden, wenn auch die Takelage trotz der Heftigkeit des Windes einen noch größeren Segeldruck vertragen würde, da sonst das Schiff mit zu großer Gewalt gegen die schwere See geworfen, der Schiffsverband gelockert und das Steuer übermäßig angestrengt werden würde.
In steifer Kühlte liegt man mit dichtgereeftem Vor- und Großmarssegel und dem Sturmklüver oder dem Fockstagsegel bei. Solange es die Windstärke gestattet, führt man auch noch die dichtgereeften Untersegel oder statt dieser das Groß- und Kreuzstagsegel. Nimmt der Wind an Heftigkeit noch zu, so sind auch die zwei dichtgereeften Marssegel zu viel und man muss noch weiter Segel vermindern.
Im allgemeinen liegen Segelschiffe im Sturm am besten mit dem dichtgereeften Großmarssegel und dem Fockstagsegel bei. Das Großmarssegel stützt infolge seiner hohen Lage das Schiff gut, verhindert zu große Gierschläge und begünstigt ein scharfes Anliegen am Winde.Das Fockstagsegel dient zur Behebung der Luvgierigkeit und bietet ein Mittel, um mit dem Schiffe gegebenen Falles abfallen zu können. ...
Lanjus C., u. Wetzlar D., Leitfaden für den Unterricht über Schiffsmanöver an der k. und k. Marine-Akademie; p 112
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3. Lensen.
Ist die Takelage eines Schiffes abgenutzt und alt, so dass sie beim Beiliegen infolge der starken Beanspruchung gefährdet wäre oder ist der Wind für den einzuhaltenden Curs günstig und dabei die See nicht zu schwer, so kann man mit der der Windstärke entsprechenden Segelführung vor dem Sturme lensen. Hiebei kann das Schiff auch dann noch Segel führen, wenn es scharf am Winde liegend überhaupt kein Segel mehr beigesetzt halten könnte. Bei hoher See wird während des Lensens das Steuer sehr angestrengt, das Schiff macht große Gierschläge, heftige Stampf- und Schlingerbewegungen und ist in steter Gefahr dwars geworfen zu werden; kleinere Schiffe sind durch die nacheilenden schweren Sturzseen geradezu gefährdet. In sehr schwerem Wetter mit bedeutendem Seegange kann man daher nicht mehr ohne Gefahr vor dem Sturme laufen und ist das Beiliegen dem Lensen jedenfalls vorzuziehen.Soll man mit einem Schiffe lensen, so ist es von Vortheil, den Wind nicht gerade, sondern 2 bis 3 Striche von achter zu nehmen. Am besten lenst man mit dichtgereeftem Großmarssegel, dem doppelt oder auch nur einfach gereeften Focksegel und dem Fockstagsegel. Ein Hauptaugenmerk ist auf die Erhaltung der Steuerfähigkeit zu richten. Ist die Fahrgeschwindigkeit eine zu geringe, so wird das Schiff durch die nacheilende See mit zu großer Heftigkeit getroffen und auch leicht dwars geworfen werden. Das Großmarssegel setzt man bei, weil es infolge seiner hohen Lage nicht in Windstille der hohen See gerathen kann, das Focksegel, um das Gleichgewicht herzustellen, ein ruhigeres Steuern zu ermöglichen und den Bug des Schiffes zu heben. Um letzteres zu erreichen, fiert man die Schoten des Focksegels gut ab. Außerdem aber ermöglicht das beigesetzte Focksegel, im Vereine mit dem Fockstagsegel, das Abfallen des Schiffes, falls es infolge der heftigen Gierschläge dwars geworfen worden wäre. Sollte wegen Havarien am Großmaste statt des Großmarssegels das Vormarssegel geführt werden müssen, so kann man auch dessen Schoten etwas abfieren, um das Vorschiff zu erleichtern.Auch beim Lensen muss besondere Sorgfalt auf das Steuern verwendet werden. Das Steuer kommt infolge der starken Stampfbewegungen zeitweise zum Theil außer Wasser und wird durch anprallende Seen stark angestrengt; auch leidet der Steuerapparat durch die heftigen Gierschläge. Um die letzteren zu mildern und einem Dwarsgeworfenwerden vorzubeugen, bedient man sich einer Pferdeleine, welche, in einer Länge von 100 - 150 m achter ausgestochen und nachgeschleppt wird. Dieses Mittel werden insbesondere kleine Schiffe zur Anwendung bringen.So wie beim Beiliegen, muss auch beim Lensen der ganze Steuerapparat oft und gründlich untersucht werden.
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